„Fast alles was wir wissen, kam durch die Augen in den Kopf!“
Dieser Slogan hat einen hohen Wahrheitsgehalt, erleben wir doch den Löwenanteil aller Sinneseindrücke durch das Sehen.
Daher ist leicht einzusehen, dass die Qualität der visuellen Wahrnehmung einen bedeutenden Einfluss auf die Menge unseres Wissens und der spontanen Verfügbarkeit dieses Wissens hat. Es lohnt sich also, die Aufnahme von Seheindrücken so optimal wie möglich zu gestalten, weil dann der Vergleich im Gehirn mit bereits Bekanntem um so effektiver stattfindet, weniger Energie mit aufwendigem Suchen nach Vergleichseindrücken verschwendet wird und damit die Konzentration länger aufrechterhalten werden kann.
Entwicklungsgeschichtlich gesehen war der Mensch bis vor kurzem ein Jäger und Sammler, d.h. er hat nur bei Tageslicht gesehen, überwiegend seine Augen auf größere Entfernungen eingestellt und Naharbeit nur mit den Händen erledigt. Diese Entwicklung der Sehgewohnheiten verlief bis vor wenigen Generationen sehr kontinuierlich; erst das Zeitalter der künstlichen Beleuchtung, der Maschinenarbeit bis hin zur Computertechnik und das Leben in Städten haben diesen Verlauf drastisch verändert.
Ein Stadtkind, das in der siebten Etage wohnt, kann (und muss) kaum einen „visuellen Horizont“ entwickeln (wichtig für das Gleichgewicht, oder auch für das Auffinden der nächsten Zeile beim Lesen), die größten Entfernungen sind innerhalb der Wohnung 3 – 4 Meter, es braucht kein fein entwickeltes Gleichgewicht, denn es rutscht keine Treppengeländer hinunter (Fahrstuhl), es fährt nicht freihändig mit dem Rad (verboten), klettert nicht auf Bäume (nicht vorhanden oder verboten) und es läuft mit fünf Jahren noch an der Hand der Mutter, weil der Straßenverkehr so gefährlich ist.
Aber auch das Landleben ist inzwischen „verstädtert“, Bauernhöfe maschinenbestückt und automatisiert.
Fernsehen und Computer lassen in völlig statischer Körperhaltung schnellste Bewegung erleben – vor allem bei unzureichender Raumbeleuchtung eine gewaltige Irreführung der (visuellen) Wahrnehmung.
Da das Sehen, ebenso wie das Funktionieren der anderen Sinne, das Ergebnis schier endloser Übung ist, ist dieses Ergebnis auch von der Qualität des Übens abhängig.